PRESSEMITTEILUNG
Mehr Chance als Risiko: Digitale Innovationen im Finanz-sektor versprechen niedrigere Kosten und neue Produkte
- Für private Haushalte hat sich der Zugang zu Finanzdienstleistungen drastisch verändert: Viele Bankzweigstellen wurden geschlossen, bei der Digitalisierung des Finanzmarkts liegt Deutschland im europäischen Vergleich jedoch nur im unteren Mittelfeld.
- Der Eintritt neuer digitaler Anbieter in den Finanzmarkt dürfte die Kosten für Finanzdienstleistungen verringern und die Nutzerfreundlichkeit der Produkte verbessern.
- Um Finanzinnovation zu fördern, bieten sich Experimentierräume mit vereinfachter Regulierung für FinTech-Unternehmen an, ebenso wie eine einfachere Übertragung individueller Finanzinformationen zu alternativen Anbietern auf Kundenwunsch.
- Der digitale Euro könnte eine kostengünstige und sichere Alternative für private Zahlungen vor allem im digitalen Raum bieten und zum Aufbau einer pan-europäischen Zahlungsinfrastruktur beitragen.
Der Eintritt neuer Akteure, sogenannte FinTech- und BigTech-Unternehmen, beschleunigt den digitalen Wandel im Finanzmarkt zum Vorteil der Kundinnen und Kunden. Digitale Innovationen dürften vor allem von diesen Akteuren ausgehen. Insbesondere die Nutzerkosten von Finanzdienstleistungen dürften sinken. Gleichzeitig entstehen neue Produkte, die die Nutzerfreundlichkeit der Finanzdienstleistungen verbessern.
„Wir sollten bei den digitalen Finanzdienstleistungen vor allem die Chancen in den Blick nehmen. Denn auf absehbare Zeit sind die Risiken für den Finanzmarkt und für die Finanzstabilitiät in Deutschland gering“, erläutert Ulrike Malmendier, Mitglied im Sachverständigenrat Wirtschaft. „Die Wirtschaftspolitik sollte so gestaltet werden, dass digitale Innovation im Finanzsektor vorangetrieben wird.“ Gleichzeitig ist es wichtig, systemische Risiken im Blick zu behalten und Verbraucherinnen und Verbraucher im digitalen Raum zu schützen, insbesondere beim Datenschutz.
In Deutschland hat sich der Zugang zu Finanzdienstleistungen für die privaten Haushalte drastisch verändert. Rund zwei Drittel aller deutschen Bankzweigstellen wurden über die vergangenen 25 Jahre geschlossen. Gleichzeitig liegt Deutschland bei der Digitalisierung des Finanzmarkts im europäischen Vergleich noch im unteren Mittelfeld und verschenkt somit Potenziale für Innovationen und Effizienzsteigerungen.
Digitaler Euro mischt den Zahlungsmarkt auf
Für grenzüberschreitende Kartenzahlungen fehlt in Europa eine einheitliche Infrastruktur. Gleichzeitig sind die Transaktionsgebühren hoch – vor allem für Zahlungen im digitalen Raum. Der geplante digitale Euro könnte eine kostengünstige Alternative zu Kreditkarten und Internet-Bezahlverfahren bieten und dadurch den Wettbewerb im europäischen Zahlungsmarkt stärken.
Die EZB kann mit dem digitalen Euro einen Standard setzen und damit Koordinationsprobleme der privaten Anbieter beim Aufbau einer pan-europäischen Zahlungsinfrastruktur lösen, die unabhängig von den großen internationalen Kartenanbietern ist. Die digitale Währung soll zudem sicherstellen, dass Zentralbankgeld für alle Wirtschaftsakteure verfügbar bleibt, selbst wenn Bargeld deutlich an Bedeutung verliert. Schließlich kann sie den Euro-Raum gegen wenig wahrscheinliche, aber extreme Ereignisse absichern. Ein Beispiel dafür wäre das Zurückdrängen der offiziellen Währung durch eine private digitale Parallelwährung und das damit verbundene Risiko, dass die Geldpolitik nicht mehr für Preisstabilität sorgen könnte.
„Mit dem digitalen Euro wird weder der Bankensektor ausgehebelt noch werden Kundeneinlagen im großen Stil abfließen, wie einige Kritiker behaupten. Das ist unserer Ansicht nach mit dem geplanten Design sehr unwahrscheinlich“, sagt Ulrike Malmendier.
Chancen durch Innovationen im Finanzmarkt zulassen
Nutzerinnen und Nutzer profitieren vom digitalen Wandel im privaten Finanzsektor. Effizientere Geschäftsprozesse und die Nutzung digitaler Daten senken die Kosten von Finanzdienstleistungen. Neue Finanzprodukte wie das Bezahlen per Mobiltelefon, die digitale Bezahloption „Buy now, pay later“ im Online-Handel oder Neo-Broker im Wertpapierhandel bieten eine höhere Nutzerfreundlichkeit. Die Wirtschaftspolitik sollte deshalb digitale Innovation im Finanzmarkt erleichtern. Dazu können zeitlich begrenzte regulatorische Experimentierräume sowie ein einfacherer Zugang zu individuellen Finanzdaten dienen. Dies würde Wettbewerbsnachteile insbesondere für neue FinTech-Unternehmen abbauen.
Experimentierräume mit vereinfachten regulatorischen Anforderungen (sogenannte Regulatory Sandboxes) ermöglichen das Testen von neuen Produkten und Geschäftsmodellen. Dadurch kann auch die Aufsicht Erfahrungen mit den neuen Anbietern sammeln, die Regulierung überprüfen und in geeigneter Form weiterentwickeln.
Durch Open-Banking-Regulierungen können neue Finanzdienstleister auf Kundenwunsch Zugang zu Kundeninformationen der Bestandsbanken erhalten, sodass sie den Kundinnen und Kunden alternative Angebote machen können. Mit einer solchen Regulierung können Wettbewerbsnachteile von neuen FinTechs gegenüber Banken und BigTechs abgebaut werden.
Bei den BigTechs, die ebenfalls Finanzdienstleistungen anbieten, fokussiert die Regulierung und Aufsicht bislang auf einzelne Geschäftstätigkeiten, nicht jedoch auf die Konzerne als Ganzes. Das greift zu kurz und berücksichtigt die Risiken durch BigTechs nicht ausreichend. Sinnvoll wäre, alle Finanzgeschäfte in einer separaten Holding mit entsprechenden Anforderungen an Liquidität und Solvenz zu bündeln.