Nationaler Produktivitätsdialog
Produktivität: Wachstumsbedingungen verbessern
Ein voller Saal und angeregte Diskussionen: In Berlin haben sich am 10. Februar 2020 Akteure aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft beim ersten Nationalen Produktivitätsdialog zusammengefunden, um über die Produktivitätsentwicklung in Deutschland zu diskutieren. Ziel des Dialoges war es insbesondere, die wirtschaftspolitische Dimension des Themas eingehend zu beleuchten und Anregungen für bessere Wachstumsbedingungen zu teilen. Der Sachverständigenrat hat den Produktivitätsdialog gemeinsam mit der deutschen Vertretung der Europäischen Kommission in Berlin ausgerichtet. Dr. Jörg Wojahn, Vertreter der Europäischen Kommission in Deutschland, begrüßte die Gäste zum ersten Nationalen Produktivitätsdialog in Deutschland und in Europa.
Produktivität ist für langfristigen Wohlstand entscheidend. Staatssekretär Dr. Ulrich Nussbaum betonte bei der Eröffnung der Veranstaltung, dass die Wachstumspotenziale gehoben werden müssen, insbesondere durch höhere Investitionen und Anreize für unternehmerisches Handeln.
In der Vorstellung des ersten Produktivitätsberichtes des Sachverständigenrates, der im Jahresgutachten 2019/20 veröffentlicht ist, beschrieb der Vorsitzende des Sachverständigenrates, Christoph M. Schmidt, dass in fast allen entwickelten Volkswirtschaften die Produktivitätssteigerungen immer geringer ausfallen. Dies ist aufgrund der allgegenwärtigen technischen Neuerungen und zunehmenden Digitalisierung überraschend. Bei diesem so genannten Produktivitätsparadoxon spielt möglicherweise der verzögerte Einsatz neuer Technologien eine Rolle. Zudem sinkt die Dynamik mit der etablierte Unternehmen durch neu gegründete Unternehmen ersetzt werden; eine der zentralen Triebfedern des Produktivitätswachstums. Eine mögliche Erklärung ist die zunehmende Alterung der Gesellschaft, die einerseits die Anwendung neuer, digitaler Technologien verzögern und andererseits die Gründungsrate reduzieren könnte.
Die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen für Innovationen waren das Thema der ersten Paneldiskussion mit Prof. Dr. Irene Bertschek, der Parlamentarischen Staatssekretärin Bettina Hagedorn, MdB, Prof. Dr.-Ing. Dieter Spath, Prof. Dr. Dr. h.c. Christoph M. Schmidt und Prof. Volker Wieland, Ph.D.. Einigkeit herrschte darüber, dass neben den Innovationen selbst, vor allem deren Umsetzung in Unternehmen von hoher Wichtigkeit ist. Voraussetzung dafür, dass sich Investitionen in neue Technologien lohnen, sind die Fähigkeiten der Mitarbeiter diese anzuwenden. Daher gewinnt die Ausbildung von Fachkräften sowie die Weiterbildung digitaler Kompetenzen zunehmend an Bedeutung. Es stellte sich die Frage inwiefern die Verantwortung für diese Aufgaben auf Seiten des Staates, der Unternehmen oder der Arbeitnehmer selbst liegt. Daneben wurde über die Implikationen digitaler Geschäftsmodelle und der zunehmenden Verknüpfung von Dienstleistungen und Produkten für die Wertschöpfung in deutschen Unternehmen diskutiert.
In der zweiten Paneldiskussion mit Steffen Kampeter, Stefan Körzell, Kerstin Jorna, Dr. Ludger Schuknecht, Prof. Dr. Dr. h.c. Lars P. Feld und Prof. Dr. Achim Truger zum Thema Deutschlands internationale Wettbewerbsfähigkeit im Zusammenspiel mit der Produktivitätsentwicklung standen die verschiedenen Herausforderungen, denen Deutschland und Europa gegenüberstehen, im Vordergrund: ein New Green Deal, die Gestaltung des Strukturwandels sowie der verschärfte internationale Steuerwettbewerb. Von unterschiedlichen Standpunkten aus diskutiert wurde etwa, wie viel staatliches Engagement nötig ist, und wie die Rahmenbedingungen für höhere private Investitionen verbessert werden können.
Aus den Diskussionen am Nationalen Produktivitätsdialog wurde deutlich, dass eine Belebung der schwachen Produktivitätsdynamik entscheidend sein wird, um die vielen Herausforderungen in Zukunft zu meistern. Sowohl auf deutscher als auch europäischer Ebene wird der Austausch fortgeführt. Der Sachverständigenrat wird als nationaler Ausschuss für Produktivität den Prozess begleiten und die Konferenz als regelmäßige Plattform etablieren. Das Programm des Nationalen Produktivitätsdialoges 2020 finden Sie hier.
„Den Trend umzukehren, ist eine zentrale wirtschaftspolitische Herausforderung“ sagt Christoph M. Schmidt in einem Interview mit der Bertelsmann Stiftung anlässlich des Nationalen Produktivitätsdialoges.
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