Im Fokus: Energie und globaler Handel
NATIONALER PRODUKTIVITÄTSDIALOG 2023
Lebhafte Diskussionen, spontane Fragen und Zeit für Networking: Der vierte Nationale Produktivitätsdialog fand am 26. Januar 2023 nach zwei Jahren wieder als klassische Veranstaltung statt.
In seiner Eröffnungsrede hat sich Staatssekretär Jörg Kukies (Bundeskanzleramt) für eine weiterhin starke Integration Deutschlands in die Weltwirtschaft ausgesprochen. Dabei forderte er: „Wir müssen auf die Dinge setzen, die uns stark gemacht haben: Bildung, Innovation, Wettbewerb.“ Für ihn sind dabei Forschungsförderung und bessere Rahmenbedingungen für Start-ups zentrale Stellschrauben. Zudem betonte er den aus seiner Sicht hohen Stellenwert der Kooperation Deutschlands mit den europäischen Partnern. Der Moderator Klaus Stratmann nutzte die Gelegenheit und erörterte mit ihm Fragen zu Resilienz, zu den zukünftigen Handelsbeziehungen, zur grünen Transformation und zu wirtschaftspolitischen Maßnahmen in der Energiekrise.
Danach diskutierten Kerstin Andreae (BDEW) und Klaus Müller (Bundesnetzagentur) mit Monika Schnitzer zum Thema ‘Energieversorgung und Industriepolitik nach der Zeitenwende’.
Zur Stromversorgung sagte Kerstin Andreae: “Die Energieunternehmen brauchen verlässliche Rahmenbedingungen, um in die Energiewende zu investieren.” Allerdings muss der Ausbau der Erneuerbaren Energie “in einem Tempo stattfinden, das wir bisher nicht kennen.“ Monika Schnitzer erläuterte im Zusammenhang mit den staatlichen Unterstützungsmaßnahmen für die Industrie und Stromversorger: „Es ist problematisch, unsere Industriestruktur dauerhaft auf Subventionen auszurichten”, da schließlich die Steuerzahler für diese Subventionen aufkommen müssten. Klaus Müller sagte: „Wir werden darauf angewiesen sein, unsere Zuflüsse aus Norwegen, den Niederlanden, Belgien und Frankreich zu stabilisieren und auszubauen, damit wir uns möglichst diversifizieren.” Mindestens 20 Prozent Gas über alle Sektoren hinweg einzusparen, sei in den Modellen, die die Bundesnetzagentur rechnet, richtig und sinnvoll.
Martin Werding sprach mit Elga Bartsch (BMWK) über die Sicherung von Fachkräften in Deutschland: Wie die Erwerbsbeteiligung von Frauen und Älteren gesteigert werden kann, wie die Einwanderung von Erwerbspersonen gelingt und wie durch eine höhere Attraktivität des Standorts die Abwanderung von Fachkräften reduziert werden kann. Dazu sagte sie: “Es muss eine transformative Arbeitsmarktpolitik geben. Der Fokus muss weg von den Arbeitslosenzahlen hin zu nicht gefüllten Ausbildungsstellen gehen.“
Im zweiten Panel diskutierten Sabine Weyand (EU-Kommission), Yasmin Fahimi (DGB) und Martina Merz (thyssenkrupp) mit Veronika Grimm über Lieferketten und Abhängigkeiten im internationalen Handel. In der lebhaften Diskussion betonte Sabine Weyand, dass Resilienz und Effizienz nicht gegeneinander ausgespielt werden sollten: „Der Schlüssel zu unserer Produktivität und Widerstandsfähigkeit sind offene, wettbewerbsfähige Märkte – sowohl innerhalb der EU als auch weltweit.“ Martina Merz sprach die Neustrukturierung und den Aufbau von resilienten Lieferketten durch Unternehmen infolge geopolitischer Verwerfungen an. “Das geht aber nicht von heute auf morgen, sondern braucht Monate oder gar Jahre.“ Yasmin Fahimi fragte in Bezug auf Solartechnik: “Ob es uns gelingt, bei einer 90-prozentigen Abhängigkeit von China, eine Industrie in Europa zu etablieren – und damit auch neue Wertschöpfung und Wertschöpfungsketten sicherzustellen?“
Zum Abschluss der Veranstaltung tauschten sich Ulrike Malmendier und Pierre-Olivier Gourinchas (IWF) über die Energiekrise und die Energiepreise aus. Pierre-Olivier Gourinchas sagte: "In der Pandemie konnten wir feststellen, dass Länder, die über einen größeren fiskalischen Spielraum verfügen, in der Lage waren, Unternehmen und Haushalte besser zu stützen. Ein entsprechender fiskalischer Spielraum ist bei einem Extremereignis sehr nützlich. Es ist daher wichtig, im Zeitverlauf Puffer aufzubauen.” Als Schlusswort fasste Ulrike Malmendier die Diskussion zusammen: “Die Frage, wie die richtigen Anreize für Unternehmen geschaffen werden können, damit sie eine langfristige Perspektive einnehmen und die Kosten für die Diversifizierung der Lieferketten auf sich nehmen, bleibt offen.”
Eine ausführliche Zusammenfassung des Nationalen Produktivitätsdialoges mit dem Titel ,Produktivitätsdialog: Das „Geschäftsmodell Deutschland“ in der Energiekrise’ gibt es von der Bertelsmann Stiftung.
Der Nationale Produktivitätsdialog ist eine Plattform für den regelmäßigen Austausch auf nationaler und internationaler Ebene zum Thema Produktivität. Diesen zu fördern, ist Bestandteil der Aufgabe des Sachverständigenrates als Nationaler Ausschuss für Produktivität in Deutschland.
Der Nationale Produktivitätsdialog, organisiert von der Vertretung der Europäischen Kommission in Deutschland gemeinsam mit dem Sachverständigenrat, fand am 26. Januar 2023 zum vierten Mal statt.