Energiekrise solidarisch bewältigen, neue Realität gestalten
KURZFASSUNG
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(1) Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine im Frühjahr 2022 und dessen Auswirkungen stellen Europa, und in besonderem Maße Deutschland, vor große wirtschaftliche Herausforderungen. Die Energiepreise sind seit Beginn des Krieges weiter kräftig gestiegen. Die deutliche Einschränkung russischer Erdgaslieferungen im Sommer 2022 hat die Energiekrise verschärft und die bereits im Jahr 2021 erhöhte Inflation weiter angeheizt. Dies belastet Haushalte und Unternehmen massiv ZIFFERN 119 FF. UND 314 FF. und trübt den konjunkturellen Ausblick deutlich ein. ZIFFERN 42 FF. UND 66 FF. Erschwerend hinzu kommt, dass die negativen wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie noch nicht vollständig überwunden sind und Lieferkettenstörungen andauern. Zusammen mit spürbaren Fachkräfteengpässen verlangsamt dies die konjunkturelle Erholung. Ziffern 25 FF.
(2) Deutschland und Europa sollten die Energiekrise solidarisch bewältigen. Abbildung K1 Dazu sind umfangreiche Maßnahmen gegen die Energieknappheit und zielgenaue Entlastungen notwendig. Die Energieknappheit sollte durch eine Stärkung des Angebots und Energieeinsparungen, insbesondere bei Erdgas, bekämpft werden. ZIFFERN 333 FF. Die Entlastungsmaßnahmen sollten in drei Dimensionen zielgerichtet ausgestaltet werden. Erstens sollten sie das Knappheitssignal hoher Energiepreise nicht schwächen, damit ein starker Anreiz zum Energiesparen erhalten bleibt. ZIFFER 195 Zweitens sollten möglichst nur diejenigen Haushalte entlastet werden, die von den hohen Energiepreisen betroffen sind und sie nicht verkraften können, sowie die Unternehmen, die besonders durch die hohen Energiepreise belastet sind, mittelfristig aber ein tragfähiges Geschäftsmodell haben. ZIFFERN 193 F. UND 342 FF. Drittens sollten die Entlastungen die Staatshaushalte nicht übermäßig strapazieren ZIFFER 197 und angesichts der hohen Inflationsraten die Nachfrage und damit den Preisdruck nicht übermäßig verstärken. ZIFFER 153 Angesichts der europäischen Dimension der Energiekrise sollten die staatlichen Maßnahmen zur Entlastung und zur Sicherstellung der Energieversorgung eng mit den europäischen Partnerländern abgestimmt werden. ZIFFERN 48 UND 340
(3) Aufgrund der veränderten geopolitischen Situation und der Energiekrise sind Deutschland und Europa mit einer neuen Realität konfrontiert. Diese gilt es, aktiv und in enger Kooperation mit den EU-Mitgliedstaaten zu gestalten. Abbildung K1 Mittel- bis langfristige Herausforderungen wie die Dekarbonisierung, die demografische Alterung und die Stabilität der Wirtschafts- und Währungsunion dürfen nicht in den Hintergrund rücken. All dies erfordert ein gemeinsames Vorgehen und Solidarität in Europa. Angesichts hoher Schuldenstandsquoten und steigender Zinsen sowie der krisenbedingt gestiegenen Anforderungen an die staatliche Aufgabenerfüllung sollte das institutionelle Rahmenwerk der Wirtschafts- und Währungsunion gestärkt werden. ZIFFERN 218 FF. Der Wegfall der russischen Energielieferungen macht die gemeinsame Beschaffung von Energie sowie den Ausbau des europäischen Energieangebots notwendig, insbesondere der erneuerbaren Energien. Zudem sollten Anreize zur Steigerung der Energieeffizienz der Haushalte und Unternehmen erhalten und verbessert werden. ZIFFERN 333 FF. Durch den demografischen Wandel verknappt sich das Arbeitskräfteangebot, und durch den Strukturwandel ändert sich die Arbeitskräftenachfrage. Vor diesem Hintergrund sollte die Weiterbildung verbessert und die Erwerbsmigration erleichtert werden. ZIFFERN 355 FF. Nicht zuletzt stellt der zunehmende Einfluss geostrategischer Überlegungen auf den internationalen Handel die deutsche Volkswirtschaft vor neue Herausforderungen. Die Stärkung der Resilienz von Lieferketten und die Sicherung strategischer Autonomie sollten gemeinsam mit den EU-Partnern vorangetrieben werden. ZIFFERN 500 FF.
- Entschlossene geldpolitische Reaktion Ziffern 132 F. und 149
- Energieangebot kurzfristig ausweiten Ziffern 333 FF.
- Energie sparen Ziffer 339
- Zielgenaue flankierende Maßnahmen nationaler Regierungen Ziffern 151 FF.
- Haushalte zielgenau und anreizkompatibel entlasten Ziffern 195 F.
- Langfristig tragfähige Unternehmen unterstützen Ziffern 342 FF.
- Instrument für einkommensabhängige Direkttransfers entwickeln Ziffer 194
- Ausgleich der kalten Progression verschieben Ziffer 193
- Zeitlich befristete Erhöhung des Spitzensteuersatzes oder Energie-Soli Ziffer 198
- Fokus auf Ausgabenregel Ziffern 236 und 264
- Allgemeine Schuldenobergrenze mit realistischem Abbaupfad kombinieren Ziffern 238 und 261 FF.
- Eigene EU-Einnahmen und nationale Beiträge an die EU erhöhen Ziffer 266
- Zusätzliche Ausgaben auf Bereiche mit europäischem Mehrwert fokussieren Ziffern 254 F. und 266
- Risikokonforme Eigenkapitalunterlegung mit Übergangsfristen Ziffern 260 und 267
- Banken- und Kapitalmarktunion vollenden Ziffern 259 und 267
- Energieinfrastruktur ausbauen Ziffern 529 FF.
- Ausbau erneuerbarer Energien beschleunigen Ziffern 336 FF. und 530 FF.
- Preisverzerrungen beim Energieangebot abbauen Ziffer 341
- Energienachfrage flexibilisieren Ziffer 340
- Bundesweite Standards für Weiterbildung Ziffer 406
- Niederschwellige und aufsuchende Beratung für Geringqualifizierte Ziffern 392 FF.
- Bildungs(teil)zeit ausweiten Ziffern 398 FF.
- Gleichwertigkeitsprinzip für nicht-reglementierte Berufe lockern Ziffer 454
- Westbalkanregelung auf ausgewählte Staaten ausweiten Ziffer 452
- Serviceorientierte Agenturen für Einwanderung schaffen Ziffer 456
- Energieimporte und Bezugsquellen kritischer Rohstoffe diversifizieren Ziffern 506 FF.
- Diversifizierung durch strategische Allianzen und Investitionsgarantien unterstützen Ziffern 511 FF.
- Europäische Produktionskapazitäten in strategisch wichtigen Bereichen ausbauen Ziffern 524 FF.
- Offene Strategische Autonomie verfolgen Ziffern 536 F.
- Handelsschutzinstrumentarium gegen handelsverzerrende Praktiken anwenden Ziffern 538 FF.
1. Energiekrise und Inflation belasten Wirtschaft
(4) Das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) hat im 3. Quartal 2022 knapp das Niveau aus dem 4. Quartal 2019 – vor der Corona-Krise – überschritten. ZIFFER 53 Die weitere wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland wird durch die Folgen des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine allerdings stark beeinträchtigt. Die massiv gestiegenen Energiepreise führen zu erheblichen Kaufkraftverlusten und dämpfen die privaten Konsumausgaben. Gleichzeitig belasten sie die Produktion insbesondere in den energieintensiven Industriezweigen. Hohe wirtschaftliche Unsicherheit und ein schwaches außenwirtschaftliches Umfeld lassen in der kurzen Frist von Investitionen und Exporten kaum Wachstumsimpulse erwarten. Demgegenüber ist davon auszugehen, dass die Lieferkettenstörungen sukzessive zurückgehen. Dadurch könnte der hohe Auftragsbestand in der Industrie abgearbeitet werden. Überdies kann damit gerechnet werden, dass die privaten Haushalte einen größeren Anteil ihres Einkommens verausgaben oder Ersparnisse auflösen werden, um ihren Konsum zu glätten. Zusammen mit einem weiterhin robusten Arbeitsmarkt und den Impulsen durch die Entlastungspakete, insbesondere die Gaspreisbremse, dürfte dies den Abschwung dämpfen. Der Sachverständigenrat erwartet für Deutschland ein BIP-Wachstum von 1,7 % im Jahr 2022. ABBILDUNG K2 OBEN Dabei resultiert das Wachstum im Jahr 2022 aus dem statistischen Überhang aus dem vergangenen Jahr und dem noch aufwärtsgerichteten 1. Halbjahr 2022, während im zweiten Halbjahr von einer Stagnation auszugehen ist. Im Jahr 2023 dürften die Abwärtskräfte überwiegen und das BIP um 0,2 % zurückgehen. ZIFFERN 66 FF.
Es bestehen erhebliche Abwärtsrisiken für den konjunkturellen Ausblick. ZIFFERN 47 FF. Allen voran könnten ein besonders kalter Winter 2022/23 oder weiter verringerte Erdgaslieferungen dazu führen, dass die Energiepreise weiter steigen. Im Extremfall könnte es zu einer Gasmangellage kommen. Weitreichende Produktionsausfälle und ein starker Anstieg der Betriebsaufgaben könnten die Folge sein.
(5) Im Oktober erreichte die Verbraucherpreisinflation in Deutschland mit einer Rate von 10,4 % im Vorjahresvergleich den höchsten Stand seit Anfang der 1950er-Jahre. ZIFFER 52 Die Inflation ist von hohen Raten bei allen drei Hauptaggregaten, Energie, Nahrungsmitteln und Kerninflation, getrieben. ABBILDUNG K2 UNTEN Für das kommende Jahr ist davon auszugehen, dass die gestiegenen Großhandelspreise für Energie zunehmend auf die Verbraucherpreise für Energie und die inländischen Güter und Dienstleistungen überwälzt werden. Die Inflation dürfte daher weiterhin hoch bleiben. Zusammen mit den zu erwartenden Lohnsteigerungen und hohen Importpreisen für nichtenergetische Güter dürfte dies die Kerninflation weiter anheben.
Die Aufwärtsdynamik dürfte im Jahresverlauf allerdings etwas abnehmen. Für das Jahr 2022 erwartet der Sachverständigenrat in Deutschland eine Inflationsrate von 8,0 %. Für das Jahr 2023 prognostiziert der Sachverständigenrat für Deutschland eine Inflationsrate von 7,4 %. ZIFFER 71
Entschlossene Reaktion der EZB ist angemessen
(6) Die Belastungen durch die stark erhöhte Inflation unterscheiden sich aufgrund unterschiedlicher individueller Warenkörbe für die einzelnen privaten Haushalte deutlich. ZIFFERN 119 FF. ABBILDUNG K3 Haushalte in der unteren Hälfte der Einkommensverteilung haben aufgrund eines höheren Ausgabenanteils für besonders verteuerte Energie und Nahrungsmittel höhere individuelle Inflationsraten. Zudem müssen Haushalte mit einem niedrigen Einkommen einen höheren Anteil ihres verfügbaren Nettoeinkommens für den Lebensunterhalt ausgeben. Im untersten Einkommensdezil haben über 60 % der Haushalte eine Sparquote kleiner oder gleich null und somit nur einen sehr geringen Spielraum, um ihren Konsum konstant zu halten. Daher sind diese Haushalte besonders stark belastet. Inflation führt gesamtwirtschaftlich zu Wachstumseinbußen und Wohlfahrtsverlusten durch eine ineffiziente Nutzung von Ressourcen, Steuerverzerrungen sowie erhöhte Preisanpassungskosten. ZIFFERN 117 F. Je länger die hohen Inflationsraten bestehen bleiben, desto größer wird die Gefahr, dass es zu langfristigen Auswirkungen auf das Verhalten der Haushalte kommt. Dann wäre zu erwarten, dass die Inflationserwartungen steigen, was die Konsum- und Sparentscheidungen der Haushalte nachhaltig beeinflussen dürfte. ZIFFERN 126 FF.
(7) Neben dem verknappten Energieangebot haben vor allem eine hohe globale Nachfrage sowie Angebotsstörungen die Inflation angetrieben. Die negativen angebotsseitigen Schocks belasten zudem die Realwirtschaft. Eine restriktive Geldpolitik zur Eindämmung der Inflation dämpft die Nachfrage und belastet die Realwirtschaft zusätzlich. Die Europäische Zentralbank (EZB) muss trotzdem weiter entschlossen handeln, um eine Entankerung der Inflationserwartungen zu verhindern und die Inflation mittelfristig auf den Zielwert von 2 % zurückzuführen. ZIFFER 149 Das würde dazu beitragen, ihre Glaubwürdigkeit zu erhalten. Die Kunst dabei wird sein, die Zinsen mit Augenmaß zu erhöhen, um die Inflation wirksam zu bekämpfen, ohne dass die Konjunktur übermäßig einbricht. Flankierende Maßnahmen durch die nationalen Regierungen können dazu beitragen, das Risiko einer Lohn-Preis-Spirale zu dämpfen. Ziffern 151 FF. Da diese Maßnahmen grundsätzlich die Nachfrage erhöhen, könnten sie aber den Inflationsdruck erhöhen und sollten daher möglichst gezielt eingesetzt werden. ZIFFERN 154 F.
Belastungen durch hohe Energiepreise zielgenau abfedern
(8) Im Zusammenhang mit dem russischen Angriff auf die Ukraine stieg insbesondere der Erdgaspreis seit Herbst 2021 massiv an und erreichte im Großhandel im Jahr 2022 Höchststände. ZIFFERN 291 FF. Da dies auch die Stromerzeugungskosten der Gaskraftwerke stark erhöht hat, kam es in der Folge zu starken Preissteigerungen auf dem Strommarkt. Die hohen Preise wurden zum Teil bereits auf private Haushalte und Unternehmen überwälzt und dürften im kommenden Jahr vor allem für Haushalte weiter ansteigen. Um den Energiepreisanstieg zu begrenzen, sollten die bereits umfangreichen Aktivitäten zur Beschaffung von LNG noch verstärkt werden. ZIFFERN 333 FF. Darüber hinaus können Maßnahmen wie der ambitioniertere Ausbau der erneuerbaren Energien, eine befristete Rückkehr von Kohlekraftwerken aus der Reserve oder die geplante Verschiebung der Stilllegung der Kernkraftwerke die Energiemärkte entspannen.
(9) Um die Energiekrise zu bewältigen und ihre kurzfristigen Folgen abzufedern, wurden umfangreiche Entlastungsmaßnahmen beschlossen. ZIFFERN 180 FF. UND 342 FF. Diese sind angesichts der enorm gestiegenen Preise notwendig. Es wäre allerdings hilfreich gewesen, wenn die dafür notwendigen Pläne für Entlastungen und Energiesparmaßnahmen deutlich früher vorbereitet worden wären. Idealerweise würden direkte Transfers zielgerichtet jene Haushalte entlasten, die von der hohen Inflation besonders stark betroffen sind und gleichzeitig kaum über finanzielle Spielräume verfügen, die Belastungen zu tragen. Möglichst schnell sollte dazu ein unbürokratisches Instrument für einkommensabhängige direkte Transfers entwickelt werden. ZIFFER 194
(10) Die bisherigen Maßnahmen zur Entlastung der Haushalte, ABBILDUNG K4 wie etwa der Tankrabatt, waren oft wenig zielgerichtet und kamen in großem Umfang auch den höheren Einkommensgruppen zugute. ZIFFER 193 Zu versteuernde Einmalzahlungen für alle sowie die von der ExpertInnen-Kommission Gas und Wärme vorgeschlagene Gaspreisbremse stellen unter den aktuellen Voraussetzungen jedoch eine sinnvolle Lösung dar, da höhere Einkommensgruppen einen Teil der Entlastungen versteuern müssen. Der Ausgleich der kalten Progression ist steuersystematisch zwar grundsätzlich geboten. In der aktuellen Situation, in der kurzfristig vor allem eine zielgenaue Entlastung unterer Einkommensgruppen geboten erscheint und die Lage der öffentlichen Finanzen angespannt bleibt, wäre eine Verschiebung dieses Ausgleichs auf einen späteren Zeitpunkt angezeigt.
(11) Bei Unternehmen dürften die hohen Energiepreise teilweise zu einer vorübergehenden Drosselung der Produktion führen. Kurzarbeit kann dabei helfen, diese Phase zu überbrücken. ZIFFER 73 Darüber hinaus könnten direkte Unterstützungsmaßnahmen erwogen werden, um temporäre Engpässe zu überbrücken. ZIFFERN 342 FF. Maßnahmen, die die Energiekosten der Unternehmen direkt senken, wie die Strom- und Gaspreisbremse, können besonders schnell Entlastungen mit sich bringen. Bei ihrer Ausgestaltung sollte jedoch unbedingt darauf geachtet werden, dass die Anreize für Energieeinsparungen erhalten bleiben und dass die Energiekosten nicht unter das langfristig zu erwartende Kostenniveau reduziert werden. Entsprechend ausgestaltete Maßnahmen würden Anreize für Anpassungen in der mittleren Frist setzen, die angesichts dauerhaft erhöhter Energiepreise notwendig sind. Eine zentrale Anforderung an die Unterstützungsmaßnahmen ist, dass die Maßnahmen vor allem von denjenigen Unternehmen genutzt werden, deren Geschäftsmodell unter diesen neuen Bedingungen weiterhin tragfähig ist. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass es nicht zu Mitnahmeeffekten bei Unternehmen kommt, die trotz Unterstützung ihre Produktion verlagern. Der Vorschlag der ExpertInnen-Kommission Gas und Wärme für die Gaspreisbremse würde diese Anforderungen zum Teil erfüllen. ZIFFERN 345 FF.
(12) Die Energiekrise hat starke Auswirkungen auf die deutschen Staatsfinanzen. ZIFFERN 165 FF. Die hohe Inflation hat zu deutlich steigenden Steuereinnahmen geführt. Gleichzeitig werden die gestiegenen Preise, die bereits beschlossenen Entlastungsmaßnahmen sowie steigende Zinsen auf Staatsanleihen die Ausgaben des Staates erhöhen. Im Jahr 2022 ermöglichte die Anwendung der Ausnahmeklausel der Schuldenbremse den notwendigen Spielraum für eine Ausweitung der Nettokreditaufnahme. ZIFFER 165 Dieser Spielraum wird nun unter anderem zur Befüllung des Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) genutzt, aus dem die Entlastungsmaßnahmen der kommenden Jahre finanziert werden sollen. Einerseits ist unter dem Gesichtspunkt der Haushaltstransparenz die Nutzung des WSF kritisch zu betrachten. Ziffer 191 Andererseits dürfte der WSF die mit Schulden zu finanzierenden Ausgaben stärker auf Energiepreisentlastungen begrenzen als eine neuerliche Ausnahme von der Schuldenbremse im Jahr 2023. ZIFFER 192 Um die Inflationswirkung der Entlastungsmaßnahmen und die zusätzliche Belastung des Staatshaushalts zu begrenzen, könnte eine Teilfinanzierung durch eine zeitlich streng befristete Erhöhung des Spitzensteuersatzes oder die Einführung eines Energie-Solidaritätszuschlags für Besserverdienende in Betracht gezogen werden. ZIFFER 198 Dies würde zudem dazu beitragen, die Zielgenauigkeit des Gesamtpakets aus Entlastungen und Belastungen zu erhöhen und zu signalisieren, dass die Energiekrise solidarisch bewältigt werden muss.
2. Die neue Realität gestalten: Mittelfristige Herausforderungen für Deutschland und Europa
(13) Der russische Angriffskrieg und die geopolitischen Veränderungen bedeuten eine Zäsur; Deutschland und Europa stehen vor einer neuen Realität. Neben der Bewältigung der akuten Herausforderungen der Energiekrise gilt es, unter neuen geopolitischen Rahmenbedingungen die vielen mittelfristigen Herausforderungen zu bewältigen. Die Diskussion um eine Reform der Wirtschafts- und Währungsunion hat mit zunehmenden Risiken für die Tragfähigkeit der Staatsfinanzen an Bedeutung gewonnen. ZIFFERN 199 FF. Darüber hinaus müssen die energie- und handelsintensiven Wirtschaftszweige angesichts mittelfristig erhöhter Energiepreise den anstehenden grundlegenden Strukturwandel schneller meistern. ZIFFERN 268 FF. Der zunehmende Einfluss geostrategischer Überlegungen auf die internationale Handels- und Wirtschaftspolitik stellt die stark in globale Wertschöpfungsketten eingebundene deutsche Volkswirtschaft vor Probleme. ZIFFERN 462 FF. Nicht zuletzt dürfte die demografische Alterung bestehende Fachkräfteengpässe verstärken und ohne eine hohe Erwerbsmigration zu einem Absinken des Erwerbspersonenpotenzials führen. ZIFFERN 355 FF.
Reform der Wirtschafts- und Währungsunion angehen
(14) Angesichts vielfach ohnehin hoher Schuldenstände, steigender Zinsen, notwendiger Entlastungsmaßnahmen aufgrund der Energiekrise und schlechter Wachstumsaussichten gilt es, die Tragfähigkeit der Staatsfinanzen in Europa sicherzustellen. ZIFFERN 207 FF. Gleichzeitig muss eine adäquate staatliche Aufgabenerfüllung ermöglicht werden. Dazu zählen die makroökonomische Stabilisierungsfunktion, die Finanzierung der öffentlichen Investitionen, etwa in der Klimapolitik, der Bildung und der Digitalisierung, sowie die Setzung von Rahmenbedingungen mit marktwirtschaftlichen Anreizen für private Investitionen.
(15) Vor diesem Hintergrund gibt es auf europäischer Ebene Vorschläge zur Reform der EU-Fiskalregeln. ZIFFERN 226 FF. Diese Regeln sollen die Tragfähigkeit der Haushaltsfinanzierung sicherstellen und eine Stabilisierung der Konjunktur sowie die Finanzierung zukunftsorientierter Ausgaben ermöglichen. Die derzeitige Ausgestaltung der Regeln erfüllt diese Ziele nur bedingt. Abbildung K5 So ist die öffentliche Verschuldung in vielen EU-Mitgliedstaaten trotz der Fiskalregeln deutlich gestiegen. Zudem haben die EU-Fiskalregeln in der Vergangenheit prozyklisch gewirkt und nur geringe Anreize zur Finanzierung zukunftsorientierter Ausgaben gesetzt. Ein stärkerer Fokus auf eine Ausgabenregel kann den genannten Problemen entgegenwirken und die Transparenz sowie die Verbindlichkeit der Regeln erhöhen. ZIFFERN 236 UND 264
(16) Eine widerstandsfähige Wirtschafts- und Währungsunion sollte über die Betrachtung der Fiskalregeln hinausgehen. Der Europäische Stabilitätsmechanismus und der Wiederaufbaufonds NextGenerationEU stellen eine temporäre Fiskalkapazität, also gemeinsam bereitgestellte Mittel, für Krisenzeiten dar. Sie könnten ergänzt werden durch die gemeinsame europäische Finanzierung von Projekten, die einen europäischen Mehrwert liefern. ZIFFERN 254 F. UND 266 Für eine gemeinsame Fiskalkapazität zur Absorption makroökonomischer Schocks gibt es bisher noch keine überzeugenden Vorschläge zur anreizkompatiblen Ausgestaltung. ZIFFER 266 Die Stärkung der Finanzmarktintegration könnte die Verflechtung zwischen Staaten und Banken (Staaten-Banken-Nexus) effektiv reduzieren. Dazu können die Vollendung der Banken- und Kapitalmarktunion, die Zentralisierung der Aufsichts- und Abwicklungsprozesse und die risikokonforme Eigenkapitalunterlegung von Staatsanleihen beitragen. ZIFFER 267
Energiekrise stellt Industrie vor Herausforderungen
(17) Die deutsche Industrie hat in der Vergangenheit Energie zu ähnlichen Preisen bezogen wie internationale Wettbewerber. Im vergangenen Jahr sind die Preissteigerungen für Energieträger in anderen Weltregionen, insbesondere in den USA, hingegen deutlich geringer ausgefallen als in Europa. ZIFFERN 291 FF. Abbildung K6 Die asymmetrische Entwicklung der Energiepreise dürfte in den kommenden Jahren anhalten ZIFFERN 299 FF. und könnte ein Problem für die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie darstellen. ZIFFERN 314 FF. Zwar dürften die Preise in Europa mittelfristig wieder sinken, es ist jedoch nicht zu erwarten, dass sie auf das Vorkrisenniveau zurückgehen. Daher besteht das Risiko, dass die energieintensiven Industrien, die besonders stark im Wettbewerb mit Unternehmen außerhalb der EU stehen, zumindest Teile ihrer Produktion verlagern. Dies gilt vor allem für die Metallerzeugung und -bearbeitung, die Herstellung von Glas und Glaswaren, Keramik, Verarbeitung von Steinen und Erden, sowie für besonders energieintensive Produkte der chemischen Grundstoffindustrie. ZIFFERN 321 FF.
(18) Eine Ausweitung des Energieangebots, die in der mittleren Frist realistisch scheint, könnte die Energiepreise nachhaltig senken und den Kostenanstieg für Unternehmen reduzieren. Zu diesem Zweck sollten LNG- und Wasserstoffimporte gesichert, die Energieinfrastruktur ausgebaut sowie die Energienachfrage flexibilisiert werden. ZIFFERN 40 F. Ein beschleunigter Ausbau der erneuerbaren Energien würde einen deutlichen Beitrag leisten, um den künftig höheren Bedarf an Elektrizität zu decken, die Energiepreise zu senken und zugleich die Dekarbonisierung der Industrie zu unterstützen. ZIFFERN 336 FF.
(19) Die aktuelle Energiekrise erhöht den Druck auf die Unternehmen, ihre Energieintensität zu reduzieren. Dies wird den ohnehin anstehenden Strukturwandel in der Industrie weiter beschleunigen. Die Energieintensität der deutschen Volkswirtschaft ist bereits seit den Ölpreiskrisen der 1970er-Jahre rückläufig. Kasten 17 Dies wurde durch zwei Entwicklungen getrieben: weniger energieintensive Wirtschaftszweige haben leicht an Bedeutung gewonnen, vor allem aber hat sich die Energieeffizienz in den einzelnen Wirtschaftsbereichen erhöht. Ziffern 309 F. Wenn von Staat und Unternehmen die entsprechenden Weichen gestellt werden, ist deshalb nicht mit einer breiten Deindustrialisierung Deutschlands zu rechnen. ZIFFER 273
Fachkräftesicherung durch Weiterbildung und Erwerbsmigration
(20) Angesichts der fortschreitenden Digitalisierung und Dekarbonisierung steigt der Weiterbildungs- und Umschulungsbedarf am Arbeitsmarkt. Gleichzeitig wird das inländische Erwerbspersonenpotenzial in den kommenden Jahren aufgrund der demografischen Entwicklung deutlich schrumpfen. ZIFFERN 355 FF. ABBILDUNG K7 Daraus dürften Arbeits- und speziell Fachkräfteengpässe entstehen, die das zukünftige Wirtschaftswachstum, die Tragfähigkeit der Sozialversicherungssysteme sowie die Transformation hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft gefährden können.
(21) Berufliche Weiterbildung spielt eine wichtige Rolle, um das inländische Arbeitskräftepotenzial für die veränderten Anforderungen zu qualifizieren. ZIFFERN 369 FF. Umschulungen und Weiterqualifizierungen können verhindern, dass sich durch Automatisierung wegfallende Arbeitsplätze in steigende Arbeitslosigkeit übersetzen. Es gilt daher, die berufliche Weiterbildung durch bundesweite Standards, etwa bei der Mindestqualität von Angeboten und bei Teilqualifizierungsmodulen, zu stärken. ZIFFERN 396 UND 406 Auch eine Verständigung darüber, welche Kompetenzen zukünftig verstärkt gebraucht werden, und ein kooperativer Austausch, insbesondere zwischen kleinen und mittleren Unternehmen, über erfolgreiche Weiterbildungsformen sind zielführend. ZIFFERN 379 F. Zudem sollte die Weiterbildungsberatung flächendeckend verfügbar gemacht und besser auf die Bedarfe Geringqualifizierter ausgerichtet werden, etwa durch niedrigschwellige und aufsuchende Beratung. ZIFFER 392 Ein Recht auf eine bundesweite längere Bildungs(teil)zeit könnte den vom Strukturwandel bedrohten Beschäftigten helfen, sich frühzeitig beruflich umzuorientieren. ZIFFER 399
(22) Eine höhere Erwerbsmigration, insbesondere aus Nicht-EU-Staaten, ist für die Stabilisierung des Erwerbspersonenpotenzials unverzichtbar. ZIFFER 412 Bislang wird die Erwerbsmigration aus Drittstaaten insbesondere durch die restriktiven Qualifikationsauflagen der Gleichwertigkeitsprüfung gebremst. Ziffer 446 Der hohe Verwaltungs- und Zeitaufwand bereits für die Visaerteilung kann ebenfalls prohibitiv wirken. Ziffer 447 Für die Absenkung der zentralen Zuwanderungshürde dürfte eine Abschaffung des Gleichwertigkeitsprinzips für nicht-reglementierte Berufe sinnvoll sein. ZIFFER 454 Stattdessen könnten ein Arbeitsplatzangebot und eine Mindestausbildungs- oder Studiendauer anerkannter Bildungseinrichtungen, kombiniert mit strengen aufenthaltsrechtlichen Bedingungen, als Zugangsvoraussetzung ausreichen. Mit der Westbalkanregelung wurde ein solcher Weg für die Erwerbsmigration aus den Westbalkanstaaten geschaffen. Die über diesen Weg Zugewanderten sind oft gut qualifiziert und zumeist gut in den Arbeitsmarkt integriert. Eine Erhöhung der geltenden Kontingente sowie eine Entfristung und Ausweitung der Westbalkanregelung auf ausgewählte andere Drittstaaten könnten die gesteuerte Erwerbsmigration erleichtern. ZIFFER 452 Dazu wäre die Bündelung administrativer Ressourcen auf die entsprechenden Drittstaaten zielführend, nicht zuletzt um interessierte Personen direkt anzusprechen. Um Prozesse zu beschleunigen und die Integration im Inland zu stärken, könnten die Aufgaben der Ausländerbehörden auf Länderebene zentralisiert werden. Diese sollten sich als serviceorientierte Agenturen für Einwanderung aufstellen. ZIFFER 456
Internationale Abhängigkeiten reduzieren und Resilienz der Beschaffung stärken
(23) Die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft basiert, wie in kaum einer anderen großen Volkswirtschaft, auf der Liberalisierung des Handels und der wachsenden internationalen Arbeitsteilung. ZIFFERN 474 FF. Aktuelle Krisen haben jedoch die Anfälligkeit internationaler Lieferketten und die teilweise hohe Abhängigkeit von ausländischen Herstellern offenbart. ZIFFERN 483 F. TABELLE K8 In Deutschland und der EU wird dies insbesondere bei der Energieversorgung und der Versorgung mit kritischen Rohstoffen sichtbar. ZIFFERN 486 FF. Zudem setzen Drittstaaten Subventionen wettbewerbsverzerrend ein, wodurch der Bezug von kritischen Rohstoffen und Produkten aus anderen Quellen unwirtschaftlich werden kann und Abhängigkeiten von diesen Drittstaaten entstehen können. ZIFFERN 533 F.
(24) Um Abhängigkeiten zu vermeiden und die Resilienz der Wertschöpfungsketten zu erhöhen, ist eine stärkere Diversifizierung der Bezugsquellen notwendig. ZIFFERN 506 FF. Die Diversifizierung liegt zuvorderst in privatwirtschaftlicher Verantwortung, der Staat könnte dabei jedoch gezielt unterstützen. Eine Lenkungswirkung kann von der Bildung strategischer Allianzen, etwa im Kontext von Handelsabkommen, ausgehen. Dabei sollten Staaten, die europäische Werte und Prioritäten in den Bereichen Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit teilen, in den Fokus rücken. Gleichzeitig ist Offenheit gegenüber Drittstaaten wichtig, vor allem wenn es um die Bereitstellung globaler öffentlicher Güter wie den Klimaschutz oder die öffentliche Gesundheit geht. ZIFFER 509 Darüber hinaus kann der Ausbau europäischer Produktionskapazitäten in strategisch wichtigen Bereichen angebracht sein, etwa beim Ausbau erneuerbarer Energien oder beim heimischen Abbau kritischer Rohstoffe. ZIFFERN 521 FF. Zudem könnte die Lagerhaltung für Produkte von übergeordneter strategischer Bedeutung erleichtert werden, indem die steuerliche Benachteiligung der Lagerhaltung abgebaut wird.
(25) Die geopolitischen Veränderungen durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine und das angespannte Verhältnis zwischen dem Westen und China stellen eine Zäsur für Deutschland und Europa dar. In dieser neuen Realität sollten europäische Werte und Interessen gestärkt werden, ohne die außenwirtschaftliche Offenheit einzuschränken. Das von der Europäischen Kommission vorgeschlagene Konzept einer offenen strategischen Autonomie bietet einen geeigneten Rahmen, um so autonom wie nötig, aber so offen wie möglich zu handeln. ZIFFERN 536 FF. Protektionistischen Tendenzen sowie handelsverzerrenden Praktiken durch Drittstaaten sollte durch das erweiterte Handelsschutzinstrumentarium der EU entschieden entgegengetreten werden. ZIFFERN 538 FF.
Abhängigkeit von ... | Anteil am Gesamtimport der Produkte mit starker Importabhängigkeit | Anzahl Produkte mit starker Importabhängigkeit | Handelsvolumen Produkte mit starker Importabhängigkeit | |
---|---|---|---|---|
% | 1 000 US-Dollar | |||
1 | China | 45,1 | 208 | 19 003 594,60 |
2 | USA | 15,7 | 197 | 6 640 676,25 |
3 | Schweiz | 4,4 | 204 | 1 875 778,63 |
4 | Niederlande | 4,4 | 219 | 1 867 587,10 |
5 | Vereinigtes Königreich | 3,2 | 222 | 1 331 753,42 |
6 | Südafrika | 2,6 | 73 | 1 110 997,78 |
7 | Polen | 1,8 | 170 | 762 281,73 |
8 | Japan | 1,8 | 122 | 762 096,92 |
9 | Tschechien | 1,8 | 173 | 742 687,21 |
10 | Brasilien | 1,6 | 76 | 666 801,41 |
KONJUNKTURELLER AUSBLICK DURCH ENERGIEKRISE MASSIV BELASTET
- Hohe Energiepreise reduzieren die Kaufkraft und belasten den Konsum der privaten Haushalte. Ein stabiler Arbeitsmarkt und nachlassende Lieferengpässe stützen die Konjunktur.
- Der Sachverständigenrat erwartet, dass das reale Bruttoinlandsprodukt in Deutschland in diesem Jahr um 1,7 % steigt und im Jahr 2023 um 0,2 % zurückgeht. Für die Verbraucherpreisinflation prognostiziert er Raten von 8,0 % beziehungsweise 7,4 %.
- Die Prognose ist mit erheblichen Abwärtsrisiken behaftet. Sollte es in Deutschland zu einer Gasmangellage kommen, ist mit einer tiefen Rezession und noch höherer Inflation zu rechnen.
INFLATION UND GELDPOLITIK
- Die Inflation im Euro-Raum hat den höchsten Stand seit Gründung der Währungsunion erreicht und dürfte länger erhöht bleiben. Im Jahr 2021 war sie vornehmlich durch Lieferengpässe und Energiepreise getrieben, mittlerweile steigen die Preise in der Breite.
- Hohe Inflation führt zu Wohlfahrtsverlusten und hat erhebliche Verteilungseffekte. Haushalte mit niedrigem Einkommen sind aufgrund hoher Konsumquoten am stärksten belastet.
- Trotz der Herausforderungen durch die Angebotsschocks ist eine Fortsetzung der entschlossenen Reaktion der Europäischen Zentralbank (EZB) auf die hohe Inflation vorerst notwendig.
DEUTSCHE FINANZPOLITIK VOR SCHWIERIGEN HERAUSFORDERUNGEN
- Die Finanzpolitik steht nach der Pandemie wegen Ukrainekrieg und Energiekrise vor einer weiteren großen Herausforderung. Die mittelfristige Schuldentragfähigkeit wird durch die erforderliche zusätzliche Kreditaufnahme bisher jedoch nicht gefährdet.
- Alle Entlastungsmaßnahmen sind möglichst zielgenau auszugestalten. Sie sollten Energiesparanreize erhalten sowie auf untere und mittlere Einkommen fokussiert sein.
- Eine befristete finanzielle Beteiligung derjenigen, die die hohen Preise schultern können, könnte die fiskalische Belastung reduzieren und die Inflationswirkung begrenzen.
REFORMPERSPEKTIVEN FÜR DIE EUROPÄISCHE FISKALPOLITIK
- Die Corona-Pandemie und der russische Angriffskrieg belasten die Staatshaushalte und verschärfen die Spannung zwischen Schuldentragfähigkeit und öffentlicher Aufgabenerfüllung.
- Eine verbindliche Ausgabenregel könnte die EU-Fiskalregeln überprüfbarer machen, Tragfähigkeitsrisiken begrenzen, konjunkturstabilisierend wirken sowie investive Spielräume erweitern.
- Reformen sollten über die Ausgestaltung der Fiskalregeln hinaus auch auf die mögliche Finanzierung gemeinsamer europäischer Projekte sowie auf einen stabilen Finanzmarkt abzielen.
ENERGIEKRISE UND STRUKTURWANDEL: PERSPEKTIVEN FÜR DIE DEUTSCHE INDUSTRIE
- Die Energiepreise dürften in Europa mittelfristig wieder sinken, aber nicht zum Vorkrisenniveau zurückkehren. Energieintensive Wirtschaftszweige, die stark im Wettbewerb mit nicht-europäischen Wettbewerbern stehen, sind davon besonders betroffen.
- Dies wird den durch die Dekarbonisierung ohnehin anstehenden Strukturwandel in der Industrie beschleunigen, dürfte aber nicht zu einer breiten Deindustrialisierung führen.
- Staatliche Unterstützung sollte auf Unternehmen mit zukunftsfähigem Geschäftsmodell abzielen, nicht den Status quo erhalten. Der Ausbau erneuerbarer Energien sollte forciert werden.
FACHKRÄFTESICHERUNG: HANDLUNGSOPTIONEN BEI WEITERBILDUNG UND ERWERBSMIGRATION
- Das Erwerbspersonenpotenzial wird in den kommenden Jahren wegen der demografischen Alterung stark sinken. Zusammen mit dem Strukturwandel verschärft dies Fachkräfteengpässe.
- Zur Stärkung der beruflichen Weiterbildung sind gezielte und aufsuchende Beratung, Standards, modularisierte Angebote und eine Verständigung über Zukunftskompetenzen nötig.
- Für die erforderliche Erwerbsmigration wären ein transparenteres Zuwanderungsrecht, eine Lockerung des Gleichwertigkeitsprinzips für die Anerkennung beruflicher Qualifikationen sowie eine Ausweitung der Westbalkanregelung auf ausgewählte Drittstaaten zielführend.
WETTBEWERBSFÄHIGKEIT IN ZEITEN GEOPOLITISCHER VERÄNDERUNGEN
- Die Wettbewerbsfähigkeit und damit auch der Erfolg der deutschen Wirtschaft in den vergangenen Jahrzehnten beruhten maßgeblich auf der zunehmenden Integration in die Weltwirtschaft.
- Wirtschaftliche Abhängigkeiten sowie zunehmende geopolitische Spannungen stellen Deutschland und Europa vor neue Herausforderungen.
- Eine stärkere Diversifizierung von Lieferketten, der Ausbau europäischer Produktionskapazitäten und Infrastrukturen sowie die Stärkung strategischer Autonomie sind deshalb dringend erforderlich.
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