Dem deutschen Bildungssystem gelingt es bisher noch zu wenig, die schlechteren Startbedingungen von Kindern aus sozial benachteiligten Familien auszugleichen. Die pandemiebedingten Einschränkungen haben für diese Kinder besonders große Nachteile gehabt. Daher sind umfangreichere Maßnahmen als bisher notwendig, um Bildungsrückstände aufzuholen. Fördermaßnahmen sollten gezielt auf leistungsschwache und bildungsbenachteiligte Kinder ausgerichtet werden.
„Falls es nicht gelingt, die Bildungsrückstände vor allem sozial benachteiligter Kinder und Jugendlicher abzumildern, werden dadurch in der Zukunft hohe individuelle, aber auch gesamtwirtschaftliche Kosten entstehen“, erläutert Achim Truger, Mitglied des Sachverständigenrates.
Im Bildungssystem kann durch strukturelle Maßnahmen langfristig die Chancengleichheit erhöht werden. Dies gilt zum Beispiel für Einzel- und Kleingruppenförderung in Schulen, für die Unterstützung der Kinder durch zusätzliche Fachkräfte wie Sozialarbeitende, Psychologinnen und Psychologen sowie den Einsatz digitaler Lernprogramme.
„Deutschland kann nur vom Wettbewerb der Bildungssysteme im Föderalismus profitieren, wenn die Transparenz durch eine systematische Evaluation erhöht wird. Nur so können gute Konzepte Schule machen“, erklärt Achim Truger. „Damit dies möglich wird, müssen Abschlüsse und Leistungserhebungen zwischen den Bundesländern besser abgestimmt werden. Gleichzeitig sollten sich Bildungsdaten besser mit anderen Daten verknüpfen lassen und für die Forschung zugänglich gemacht werden.“
Die Ungleichheit der verfügbaren Einkommen der Haushalte hat im Jahr 2020, insbesondere durch die Zahlung von Kurzarbeitergeld, vorläufigen Befunden zufolge nicht zugenommen.
Gerade bei den unteren Einkommensgruppen dürfte sich das Haushaltseinkommen (vor Abzug der Steuern und Hinzunahme der Transfers) jedoch verringert haben. In der Corona-Krise waren Selbständige, Gerinqualifizierte und geringfügig Beschäftigte besonders stark von den Auswirkungen am Arbeitsmarkt betroffen.
Fachkräfteengpässe in der Transformation sollten eingedämmt und die Arbeitsmarktchancen insbesondere von Geringqualifizierten verbessert werden. Dazu sollten die Erwerbsanreize für Zweitverdienende erhöht werden – wozu eine Reform des Ehegattensplittings und die Verbesserung von Kinderbetreuungsmöglichkeiten beitragen können. Zudem sollte Weiterbildung ein fester und regelmäßiger Bestandteil im Erwerbsleben werden. Damit Weiterbildung häufiger in Anspruch genommen wird – vor allem von Menschen ohne Berufsabschluss – sollten Anreize zur Teilnahme gestärkt, das Weiterbildungsangebot transparenter gestaltet und die Weiterbildungsberatung verbessert werden.
Die oben genannten Aussagen und Inhalte sind Teil des dritten Kapitels mit dem Titel ‚Corona-Krise, Einkommensverteilung und Bildungschancen‘ aus dem Jahresgutachten 2021/22. Dort finden sich weitere, ergänzende Informationen und Abbildungen. Gemäß dem gesetzlichen Auftrag untersucht der Sachverständigenrat alle zwei Jahre die Einkommens- und Vermögensverteilung in Deutschland.
Mitschnitt aus Pressekonferenz zum Thema Verteilung und Bildung (MP4)Pressemitteilung Kapitel 3 (PDF)